12. Dezember 2019
Jacquardstoffe im Haus der Seidenkultur, Krefeld

Inhaltsverzeichnis

Das Haus der Seidenkultur ist eine alte Paramenten-Weberei in Krefeld. Mittlerweile ist es ein Industriedenkmal, in dem heute noch Jacquardmaschinen aus der Vergangenheit zu sehen sind.

Was genau sind Paramente? Es sind liturgische Altarbilder und Kirchengewänder wie Vespermäntel und Dalmatika.

Marian Verstraaten, Teamleiterin und Übersetzerin Deutsch–Niederländisch bei intercontact translations ist in die Geschichte der Krefelder Paramente eingetaucht und hat das Haus der Seidenkultur besucht.

12 Fakten über Krefeld und die Paramentenweberei. Wussten Sie, dass ...

  • ... Hubert Gotzes in Krefeld ein bedeutender Hersteller von Paramenten, Paramentenstoffen und Fahnen war? 1908 kaufte er die Weberei in der Luisenstraße 15 in Krefeld. Er kaufte dieses Gebäude von dem Seidenhersteller Gottfried Diepers, der es bereits 1868 bauen ließ. Es ist ein gutes Beispiel für ein charakteristisches Webhaus mit vier Fenstern pro Stockwerk und einem circa 25 Meter langen Anbau. Ein damaliges Gebäude in Krefeld war im besten Fall nicht allzu breit. Je breiter die Fassade an der Straßenseite, desto mehr Steuern mussten gezahlt werden. Das Gebäude hat zwei Eingänge: einen Eingang rechts für höherrangige Kunden und einen links für Lieferanten, so dass sie den Webraum leicht erreichen konnten. Jedes von Gotzes hergestellte Priestergewand war einzigartig und wurde von Hand gewebt und genäht. Eine sorgfältige, zeit- und arbeitsintensive Tätigkeit!
  • ... Hubert Gotzes Junior 1914 in die USA ging, um eine Tochtergesellschaft in Chicago zu gründen? Dies erwies sich als Erfolg. Die Stoffe wurden aus Krefeld importiert und die Paramente in den USA hergestellt. Das Familienunternehmen Gotzes war bald bekannt für seine hohe Stoffqualität.
  • ... die Krefelder Paramentenweberei 1926 während des Eucharistischen Weltkongresses in Chicago berühmt wurde? Es regnete in Strömen und die Farben der Paramentenstoffe liefen aus... nur nicht bei den Krefelder Stoffen! Dies war eine gute Werbung für die Paramentenweberei in Krefeld.
  • ... um 1914 etwa 25 Paramentenwebereien in Krefeld angesiedelt waren? In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in der Samt- und Seidenstadt etwa 300 Webereien.
  • ... es im Haus der Seidenkultur noch 8 funktionierende Holzwebstühle gibt? Davon hat nur ein Webstuhl 2 Schäfte. Dieser Webstuhl ermöglicht ein Flachgewebe oder Taftgewebe. Solche Webstühle standen früher bei den Webern zu Hause. Die anderen 7 Webstühle im Museum sind Jacquard-Webstühle. Auf einem dieser Webstühle konnten schmalere Stoffe hergestellt werden. Bei schmalen Geweben wurde häufiger goldfarbenes Garn verwendet. Dies ist eigentlich ein mit Papier veredelter Textilkern. Das Papier wurde dafür in Gold (goldfarben) gedämpft. Dieses Garn ist natürlich nicht für die Waschmaschine geeignet. Eine weitere Möglichkeit ist es, feine Fäden aus echtem Gold zu ziehen. Diese werden dann mit textilen Fäden verbunden.
  • ... eine Seidenraupe 30 Tage lang Maulbeerblätter frisst, bevor sie anfängt, einen Kokon zu spinnen? Dieser Kokon ist aus Seidengarn gefertigt. Für Textil- und Mode-Übersetzer ist Maulbeerseide natürlich nichts Neues. Aber es ist interessant zu sehen, woher der Name kommt!
  • ... Joseph-Marie Jacquard 1805 in Lyon den Jacquard-Webstuhl erfunden hat? Die Jacquardmaschine ist ein Webstuhl, der mit Lochkarten arbeitet und zum Weben großer Muster verwendet werden kann. Die Lochkarte enthält die Hälfte des Musters. Das Motiv wurde gespiegelt. Auf diese Weise entstand ein vollständiges Muster. Das Paradiesmotiv ist ein bekanntes Jacquardmuster. Mit der Einführung der Jacquardmaschine gingen Arbeitsplätze verloren.
  • ... verschiedene Personen am Produktionsprozess einer Lochkarte beteiligt waren? Zuerst zeichnete der Musterzeichner das Motiv auf Papier. Dafür benutzte er oft Wasserfarben. Dann ging der Patroneur an die Arbeit. Er wandelte das Design in eine technische Zeichnung um, damit man sehen konnte, an welchen Stellen sich der Schuss oben befand. Dann hat der Kartenschläger Löcher in die Karte gestanzt. Später wurden die Skizzen hauptsächlich digital erstellt. Wollte man ein anderes Jacquardmotiv weben, musste auch die Lochkarte gewechselt werden.
  • ... nach dem Tod von Hubert Gotzes die Paramentenweberei in der Luisenstraße an seinen Sohn Matthias Gotzes überging? Matthias war von 1931 bis 1934 Inhaber dieser Weberei. Als er starb, übernahm die Witwe Henriette Gotzes die Leitung der Paramentenweberei.
  • ... Erwin Maus der letzte Inhaber der Paramentenweberei war? Erwin war der Neffe von Henriette Gotzes. Henriette adoptierte ihren Neffen nach dem Tod ihres Mannes Matthias Gotzes. Sie bildete ihn in der Paramentenweberei aus, wo er von klein auf die gesamte Arbeit lernen konnte. 1969 starb Henriette Gotzes und Erwin Maus erbte die Paramentenweberei. Erwins Frau Helga Maus leitete von nun an die Weberei. 1992 schloss Erwin Maus die Türen der Paramentenweberei endgültig. Ein Jahr später wurde die Stiftung Haus der Seidenkultur Paramentenweberei Hubert Gotzes e.V. gegründet.
  • ... Priester zu Beginn der 60er Jahre nicht mehr mit dem Rücken zum Volk stehen durften? Dies wurde 1965 vom Zweiten Vatikanischen Konzil beschlossen. Dies bedeutete einen direkten Rückgang für die Paramentenweberei in Krefeld. Die Priestergewänder wurden minimalistischer und nicht mehr so luxuriös, was bedeutete, dass weniger gesteppt werden musste und der schmalere Webstuhl etwas breiter gestaltet wurde. Erwin Maus fertigte einfachere Priestergewänder und besuchte mit seinem sogenannten Mausmobil und seiner Paramentenkollektion verschiedene Pfarrhäuser in Deutschland. Das Mausmobil war eigentlich ein mobiler Laden. Die Sammlung konnte in der Mitte des Fahrzeugs angeschaut werden.
  • ... Krefeld und Lyon wichtige Städte für die Seidenindustrie waren? Krefeld stand Lyon sicherlich in nichts nach, im Gegenteil! Die Samt- und Seidenstadt war auch für die Herstellung von Krawatten bekannt. Leider gibt es heute nur noch wenige Krawattiers, die in Krefeld einen eigenen Fertigungsbetrieb haben.

Marian Verstraaten: „Als Übersetzerin für Mode und Textil war es sehr interessant, diesen besonderen Ort in Krefeld zu entdecken. intercontact translations hat seinen Sitz in der Samt- und Seidenstadt Krefeld und das intercontact Team ist stolz auf seinen Standort. Das Krefelder Haus der Seidenkultur reist mit dem Besucher in die reiche Vergangenheit Krefelds. Wie wir im 2. Teil dieser Blogserie erfahren haben, wurde die VerSeidAG 1920 in Krefeld gegründet. Im Haus der Seidenkultur habe ich erfahren, dass dort heute Hightech-Textilien produziert werden. Mit unseren Übersetzungen für den Mode- und Textilbereich sorgen wir auf jeden Fall dafür, dass der textile Faden in Krefeld nicht verloren geht.“

 


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